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Zunehmend kommt die Versorgung von Erwachsenen und auch älteren Patienten mit rigiden und korrigierenden Rumpforthesen als therapeutische Alternative zur versteifenden OP oder zur Schmerzreduktion und zum Stopp einer DeNovo-Progredienz von Skoliosen und Hyperkyphosen / Hyperlordosen in den Blickwinkel von Orthopäden, Physiotherapeuten und Orthopädietechnikern.
In den verschiedenen on- und offline-Selbsthilfegruppen Betroffener, die bereits ein „Adult-brace“ (neudeutsch) haben und tragen, sind die Erfahrungsberichte weit überwiegend positiv.
Eines der Probleme eines Korsett für Erwachsene ist die oft recht schwierige Eingewöhnungsphase. Dazu möchte ich meine Erfahrungen und einige Tipps beitragen.
Ich bekam mein erstes „richtiges“ Korsett erst im Alter von 48 Jahren am 17.März 2003 vom Sanitätshaus Rahmouni. Es war ein nach Gipsabdruck und Röntgenbildern angefertigtes TLSO nach der Bauart einer „Münsteraner-Kyphosen-Orthese“ aber ohne Querversteifung der hochthorakalen Reklinationspelotten.
Meine Motivation für dieses Korsett waren sehr starke Rückenschmerzen wegen Zustand nach in der Jugend unbehandelt gebliebenen M. Scheuermann im Bereich der hochthorakalen BWS-Kyphose mit Intercostalneuralgien, die Pseudoherzschmerzen und Atemnot verursachten. Ein Lungenfacharzt war es, der mir erklärte, das käme von meiner Scheuermann-Wirbelsäule. Auch im Bereich der LWS-Hyperlordose hatte ich phasenweise fast unerträgliche Schmerzen wegen „Kissing-spine-syndrome“ (siehe auch Morbus Baastrup).
Meine Körperhaltung damals war insgesamt katastrophal. Als europaweit tätiger Außendienstmitarbeiter eines Industriebetriebes saß ich entweder stundenlang im Dienstwagen oder stundenlang am Laptop. In lange sitzender Tätigkeit wurden die Schmerzen oft unerträglich. Ich ernährte mich in diesen Schmerzphasen von Diclo, Vioxx oder Ibu. Zeit für eine regelmäßige Physiotherapie hatte ich berufsbedingt nicht. Von Schroth hatte ich noch gar keine Ahnung.
Dank der Online-Selbsthilfe-Community des Skoliose-Info-Forum.de und ganz besonders dessen Gründerin und Administratorin Sabine „Sloopy“ aussprechen!
Über diese Informationen und Ermutigungen kam ich auf einen guten und heilsamen Weg zu Dr. Hoffmann (Leonberg) und zum Sanitätshaus Rahmouni (Stuttgart).
Daher war ich auf den Vorschlag vom Orthopädiefacharzt Dr. Hoffmann sofort bereit, mir ein Korsett anfertigen zu lassen. (Dr. Hoffmann ist im Ruhestand. Praxis-Nachfolgerin: Dr. med. Freifrau Ester von Richthofen )
Als ich das Korsett am 17.März 2003 in Stuttgart zum ersten mal im Liegen von Meister Rahmouni fest angeschnallt bekam, blieb mir zunächst im wahrsten Sinne des Wortes die Luft weg. Ich lag da, hilflos wie eine auf dem Rücken gestrandete Meeresschildkröte Herr Rahmouni musste mir aufhelfen und ich fühlte mich hilflos und schwerstbehindert mit akuter Atemnot.
Im Stehen hatte ich zunächst Schwank-Schwindel und beim Gehen Gleichgewichtsstörungen. Meine gesamte bisherige Körper(fehl)statik war schlagartig völlig verändert. Ich fühlte mich stocksteif und brutal eingeengt. Dazu muss man wissen, dass Rahmouni auch Männern mit bayerisch-barockem Bauchansatz, die noch nie so etwas wie eine Taille hatten, im Korsett eine „Sissi-Taille“ verpasst.
Aber oh Wunder: Sowohl meine Kyphose- und auch die Lordoseschmerzen waren schlagartig wie weggefegt und ich fühlte mich gleich mehrere cm größer, was die sofort durchgeführten Messungen auch bestätigten. Ich war im Korsett ganze 4 cm größer! Von 179 cm auf 183 cm „gewachsen“.
Das Kontrollröntgen im September 2003 bei Dr. Hoffmann nach der Reha mit und ohne Korsett brachte dann ein sehr großes Erfolgserlebnis: Meine BWS-Kyphose war von 70° im Korsett auf 45° reduziert. Ohne Korsett konnte ich mich selbst auf ca. 55° aufrichten.
Dr. Hoffmann und ich jubelten über diesen Erfolg. Ich hatte meinen Weg gefunden, den ich bis heute mit “Armors Umarmung” bestreite.
Grüße an Alle, die eine krumme Wirbelsäule haben und sich mit hartem engen Plastik herumplagen (dürfen)!
Euer Toni
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Deine Conny
Disclaimer: Die Diagnose und Therapie von Erkrankungen und anderen körperlichen Störungen erfordert die Behandlung und/oder Beratung durch Ärzte, Psychologen, Psycho- oder Physiotherapeuten. Nichts, was in den Leistungen der Skoliose Hilfe enthalten ist, ist dazu bestimmt, Krankheiten zu diagnostizieren oder zu behandeln. Skoliose Hilfe ist kein Arzt und gibt keine medizinischen oder gesundheitlichen Heilversprechen
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